Back on Social Media

5 Jahre, nachdem Robert Habeck mit großem Tamtam die Plattform Twitter verlassen hat, hat er rechtzeitig zum Wahlkampf den Account wieder aktiviert. Die Begründung warum er ging ist heute aus seinem Blog gelöscht. Aber es ging auch um eigene Fehler und um Datendiebstahl.

Genauso gelöscht wie sein erster Tweet, den er abgesetzt hat. Da summte er die Melodie von Grönemeyers Hit „Zeit, dass sich was dreht“. Den wollen viele nutzen, zuerst die CDU, Grönemeyer hatte aber was dagegen. Dann die Grünen, auch da legte der Künstler sein Veto ein.

https://twitter.com/nicolediekmann/status/1855159266291630392

Warum?

Natürlich kann man nur spekulieren, warum der Account reaktiviert wurde. Einerseits hat Habeck nach dem Amtsantritt den Account des Wirtschaftsministeriums übernommen und war mit seinen Erklärvideos immer wieder präsent. Auch mit Themen, die eigentlich nicht in das Ressort Wirtschaft oder Klimaschutz passen. Aber einen Account @VizeKanzler gibt es eben nicht. Spätestens als Habeck seine Gedanken nach dem Anschlag von Solingen über ebenjenen Account in die Welt posaunte, gab es dafür eine überragend positive Resonanz. Staatsmännisch. Kanzlerformat. Robert Habeck hatte endlich den richtigen Ton gefunden.

https://twitter.com/BMWK/status/1828703699423907919

Aber damit begannen auch die Probleme. Wir leben jetzt in einer Zeit, in der aus jeder Mücke ein unendliches Drama gemacht wird. Und so wurden auch schon vor dem Ampelaus Stimmen laut, die ihm vorwerfen, zunächst die Reichweite des Ministeriums zur persönlichen Profilierung zu nutzen und nach dem Ampelaus als Wahlkampfinstrument.

Auch um diese Stimmen verstummen zu lassen, wurde wohl der Account reaktiviert. Und nun ist er wieder aktiv auf einer Plattform, die sich in den 5 Jahren deutlich gewandelt hat. Das hat viel mit dem neuen Besitzer Elon Musk zu tun, der Twitter vor 2 Jahren kaufte und nach seinen Vorstellungen umbaute. Massenentlassungen, Bezahloptionen und radikale Free Speech Anpassungen folgten. Begnadigungen von Accounts, die sonst überall gesperrt waren inklusive. Und obwohl sich in den letzten Jahren viele prominente Gesichter von Twitter, das Elon Musk gerne X nennt, verabschiedet haben, so ist ein Großteil der Benutzerbasis da geblieben. Zu stark offensichtlich die gebildeten Netzwerke, die langen Bekanntschaften. Und wer nicht blieb, versuchte eine der zahlreichen Alternativen wie Mastodon, Bluesky und Threads, kehrte aber nach kurzer Zeit oftmals wieder zurück.

Auch weil man die Leute dort abholen muss, wo sie eben sind. Während die jüngeren Jahrgänge auf TikTok herumlungern, auch eine Plattform mit Zahlreichen Problemen, so ist die Benutzerbasis auf Twitter und Instagramm dennoch enorm.

Und die Benutzerbasis braucht es auch. Fünf Landtagswahlen endeten tragisch. Drei mal aus der Regierung und zweimal sogar aus dem Landtag raus. Zudem ist die EU-Wahl mit der Halbierung des Vorergebnisses auch traumatsch verlaufen. Hybrider Wahlkampf heißt das Credo, auf allen Plattformen vertreten sein.

Der Küchentisch

Die Strategie heißt also präsent sein. Mit dem, was Habeck am besten kann. Das Küchentischvideo erinnert von der Dramaturgie dem Solingen-Video. Endet aber mit einem Aufruf, auch Küchentisch- Videos zu machen. Call-to-Action nennen das wohl die Social Media Berater. Die Strategie ging auf. Durch Zahlreiche Reaktionen wurde das Video schnell zum Hit auf der Plattform und es kam wohl keiner, der sich für Grüne Politik interessiert.

Zudem kam es fast zeitgleich zur Wahl von Trump und der von mir schon beschriebenen Coping-Strategie des Parteieintrittes.

Aber knapp 5000 neue Mitglieder in einer Woche, wie teils vermeldet wird, das ist schon eine Hausnummer. Und brachte einen zusätzlichen Vernetzungseffekt. Jedes neue Mitglied postet seinen Parteieintritt. Einer meiner Online-Buddies, der Christan (Folgeempfehlung, *zwinker*) hat besonders viel Zustimmung und Netzwerk dazu bekommen.

https://twitter.com/trutzonline/status/1854814425082925098

Als ich ihn gefragt habe, wie so ein Mitgliedsantrag läuft war ich schockiert. Einfach ein Online-Formular, absenden, zack, Mitglied. Kein kennenlernen, kein Vorgespräch, keine Überprüfung. Ob das dem erhöhten Aufkommen geschuldet ist oder normal, vielleicht kann mich da jemand aufklären. Aber bei uns von Volt, lernen wir die Mitglieder halt gerne vorher kennen. Auch wenn das stressig sein kann, wenn es gerade eine Peak gibt, wie bei uns nach der Europawahl.

Und dann

Die Grünen und insbesondere Habeck haben einen kleinen Hype erzeugt, doch jetzt muss der auch intern funktionieren. Der Parteitag steht bevor und nicht jeder geht mit dem neuen Realo-Kurs und Habeck mit. Dass dieser Hype aber gerade da ist, das kann Robert Habeck nicht schaden.

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