Mehr Bautzen wagen!

Jonas Löschau war gerade fünf Jahre alt, als das bekannteste Kind der Stadt, Stefanie Kloß, das Lied „Zeit für Optimisten“ über den Äther jagte.

Jonas Löschau war gerade fünf Jahre alt, als das bekannteste Kind der Stadt, Stefanie Kloß, das Lied „Zeit für Optimisten“ über den Äther jagte.
Ungewollt wurde der Text der Bautzener Sängerin jahrelang Symbolbild der Situation vieler Menschen der ostsächsischen Stadt.
Bautzen gilt seit Jahren als Schwerpunkt rechtsextremer Aktivitäten.

Die Liste der Negativschlagzeilen ist lang: 2016 gab es Brandanschläge auf zwei geplante Asylbewerberunterkünfte, während der Löscharbeiten hatten Personen ausländerfeindliche Parolen gerufen. Es folgten Krawalle zwischen Flüchtlingen und Neonazis auf dem Kornmarkt der Stadt. 2019 abgewehrter Neonazi-Angriff auf das Stadtfest. 2021 eskalieren Corona-Demonstrationen und 10 Polizisten werden verletzt.
2022 wieder ein Anschlag auf ein geplantes Flüchtlingsheim. Weihnachten 2022 die Entgleisung bei der Weihnachtsansprache des CDU-Landrats Udo Witschas. Das Büro der Linken-Politikerin Caren Lay gilt als traurige Rekordhalterin, wenn es um Übergriffe auf Politikerbüros geht.

Alles in allem Eine schlechte Zeit für Optimisten, für Politiker, die nicht dem rechten Spektrum angehören, für Flüchtlinge und für queere Menschen.

Im Lied von Silbermond heisst es:

Das ist ’ne schlechte Zeit für Optimisten
Die müssen schrecklich einsam sein
Und ich weiß aus eigener Erfahrung
Wie es ist allein zu sein

So wie es jetzt ist kann es nicht bleiben
Der Zeitpunkt ist nicht schlecht grad‘ gut genug
Zeichen gibt ’s genug wir brauchen Wunder
Und wir zwei wär’n für den Anfang schon ganz gut

Und doch gibt es in der Stadt, die nie den notwendigen Reifegrad erreicht hat, dass Rassismus in unserer Gesellschaft keinen Platz hat, immer wieder diese Optimisten,
die versuchen Licht in diesen Ort zu bringen.

Das ist Bautzen bleibt bunt, die sich seit Jahren für die bessere Integration durch Patenschaften einsetzen. Oder Bautzen Gemeinsam um Pfarrer Christian Tiede, die während den Corona-Demonstrationen eine Gegenbewegung initiierten.
Oder Nissaa, ein arabischer Frauenverein. Oder die Initiatoren der Happy Mondays.

Und dann gibt es Jonas Löschau. Der ist mittlerweile erwachsen und sitzt für die Partei die Grünen im Kreistag und im Stadtrat Bautzen.

Und er setzt sich für queere Menschen ein. 2021 Start des queeren Netzwerkes Bautzen, 2023 erster CSD in Bautzen mit 350 Demonstrierenden, aber auch mit rechtem Gegenprotest inklusive Eierwürfen. Aber nicht nur das, eine Initiative von Unternehmen und Vereinen stellt Noteingänge als Ausweg vor rechter Gewalt bereit.

Durch den Mut und die Entschlossenheit wurde queeres Leben in Bautzen innerhalb kurzer Zeit dauerhaft sichtbar. Beide Projekte erhielten übrigens den sächsischen Förderpreises für Demokratie 2023.

Dass dieses nicht ohne Probleme abläuft, sollte jedem klar sein, wenn Jonas davon berichtet, dass ihm auf offener Straße „Du organisierst doch den CSD, wir sind auch da und sorgen dafür, dass es der letzte sein wird.“ entgegnet wird.


Das bringt und nun zum CSD 2024 und den Geschehnissen dort. Schon im Vorfeld kündigte sich aus dem rechten Vorfeld zahlreicher Protest an und führte dazu, dass der Veranstalter die Afterparty absagte. Trotzdem hat sich die Teilnehmerzahl auf 1000 Teilnehmer verdreifacht, auch dank prominenter Unterstützung durch Georgine Kellermann. Am Rathaus in Bautzen wehte erstmals eine Regenbogenfahne., noch vor Jahren unvorstellbar. Ein großartiger Erfolg.

Weiter heißt es bei Silbermond
Das ist ’ne schlechte Zeit für Optimisten
Die müssen ziemlich einsam sein
Also lasst sie uns ein wenig unterstützen
Wer will schon gern‘ alleine sein

Was an dieser Stelle aber leider nicht ausbleiben darf, ist eine Kritik an der Taktik der Polizei Sachsen. Selbstverständlich gehört es zu einer wehrhaften Demokratie, auch unliebsame Stimmen und Demonstrationen stattfinden zu lassen. Warum diese aber nur wenige Meter vom Protestzug entfernt die Möglichkeit bekamen, ungestraft rassistische Gesänge anzustimmen, lässt einen verständnislos zurück.

Und deswegen bleibt der Wunsch, den Silbermond so schön formulierte


Gib mir ’n kleines bisschen Sicherheit
In einer Welt in der nichts sicher scheint

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